Nach einem kurzen aber schönen Abschied (Danke!) mit der Ergon Clique, meiner Schwester, und last but not least Conni geht es los: Als erstes nach Amsterdam/Schiphol.
Schiphol ist für mich der benutzerfreundlichste Flughafen – das heisst, je nachdem. Finden tut man alles, und zwar sofort. Alle Tafeln sind gross angeschrieben und von weitem sichtbar. Sogar die Karten sind immer so gedreht, dass oben auf der Karte immer die Richtung nach vorn angibt. Wanderfreunde und Marathonläufer sind auch bestens bedient. Mittels gelber Wandertafeln wird die benötigte Laufzeit von hier zum Terminal soundso angegeben. Bei mir, von Terminal B nach G sind es nur unwesentlich nennenswerte 25 Minuten. Zwar startet man frisch fröhlich mit der typisch modernen Reisestellung – ein Arm nach hinten zum Reiseköfferchen, der andere Arm angewinkelt, in der Hand der Pass mit Boarding Card, auf dem Ellbogen die Jacke. Nach einem anfänglich beschwingten Gang, vorbei an zahlreichen Goudas und Holzschuhminiaturen setzt allmählich die Ernüchterung ein. Zum einen, dass der rauhe Boden für Rollköfferchen nur zu ungeeignet, zum anderen dass das dauernde Röhren, das der rauhe Boden und das Rollköfferchen zum Besten geben nur kur kurz das Musikgehör beglücken mag.
Jedenfalls kommt nach 20 Minuten sicher schon zum zweiten Mal der Gedanke, warum man nicht einfach direkt in Richtung Hong Kong losgelaufen sei – dann wäre man wenigstens schon dort.
Im Flugzeug freue ich mich wie ein kleiner Junge auf die fabelhaften (so die Webseite der KLM) Economy Comfort Sitze – und sie halten, was sie versprechen: Mehr Beinfreiheit – ca. 20 cm, leicht breiterer Sitz – 3 cm. Das mag sich nach wenig anhören, aber für ein Vehikel wie ich eines bin sind es Welten.
Neben mir finden sich ein Geschäftsmann aus dem Zielort und dessen Frau, die sich eine Gesichtsmaske umgebunden hatte. Nicht aus kosmetischen Gründen wie ich später feststelle, sondern wegen den bösen "Germs", wobei ich immer noch nicht sicher bin, ob sie die Umwelt vor sich, oder sich von der Umwelt schützen will. Bei Asiatinnen, auch in Melbourne, scheint der gegenseitige Austausch von Bakterien ohnehin noch zum guten Ton zu gehören, wenden sie sich doch schlagartig ab, mit einem "nyääää" auf den Lippen, sollte man mal bei einem Huster mit nur 99%-iger Sicherheit die Hand vor den Mund zu halten. (Nebenbemerkung: Unser Körper beherbergt ca. 1-2 kg Bakterien)
Apropos Ton, ausserordentlich beliebt am Flughafen von Hong Kong! Fröhlich wird genüsslich gerülpst, gepupst, und – obwohl unmöglich – laut uriniert. Auf eine Wiedergabe des Spektakels verzichte ich, ist es doch in eurer Fantasie bereits genug grotesk.
Da der Geschäftsmann eine andere Vorstellung von "Comfort" hat als ich – seine Vorstellung besteht darin, dass Arme des Sitznachbarn als Wärmekissen zur Armablage zur Verfügung stehen – wechsle ich den Sitz, um in einer fast leeren 3er Reihe Platz zu nehmen. Am Fenster ein sehr adrett gekleideter Mann, der wie ein Englischer Lord aussieht: Anzug, Fliege, Schnauz und eine Folge von wichtigen Zeitungen. Seine Contenance beginnt jedoch bereits nach dem Abflug zu bröckeln, als er den Lichtschalter betätigen möchte, und dies per heftigem Schrauben am Licht selbst tun möchte. Ich erkläre ihm, dass der kleine Schalter in der Armstütze dasselbe Ziel viel schneller und bequemer in drückbare Nähe bringt. Nach weiteren Vorfällen – er erschrickt zum Beispiel jedesmal grausam, wenn er nach "Coffee or Tea" gefragt wird – frage ich mich, ob er nicht wohl eigentlich in die Kutsche von Ribbenthorpe nach Worcestershire steigen wollte.
Der brandneue Hongkonger Flughafen hält die eine oder andere bestaunenswerte Überraschung bereit. Zum Beispiel rollt man auf einem Laufband langsam auf eine Reihe bemundschutzter Asiatinnen zu, neben ihnen ein Schild: "Please remove hat for temperature control". Ich grinse. Sicher wieder mal ein Fall von "Engrish", oder hier wohl "Chengrish", eine Fehlübersetzung von "Please present your boarding card." Als ich sie passiere, sehe ich aber, dass sie per Wärmekamera die Temperatur des Kopfs prüfen, welcher beim Mann hinter mir rot aufleuchtet.
Als ich mich zum zweiten Mal umdrehe, ist der Mann samt Hut verschwunden.
Kuriositäten: Etwa 50% der Werbungen beinhalten irgendeine Form von Kung Fu/Magie Film, bei dem die halbe Welt in Staubform aufgewirbelt wird. Der Papierspender auf dem Klo ist so angebracht, dass selbst ich mit meinen 1.90 m ihn nur knapp erreichen kann. Sprungtraining für Asiaten?
Da ich auf dem Flug nach Melbourne dann kaum schlafen kann, unterhalte ich mich mit der ca. 50-jährigen Schottin neben mir und lande schliesslich kurz vor 6 Uhr morgens in Melbourne, um dann den ganzen Tag gegen den Jetlag zu kämpfen. So heroisch wie möglich. Als ich mich aber im Unipark wiederfinde, gebe ich auf und schlafe 2 Stunden.
In der Nacht dann pure Action: Etwa um 12 Uhr rasselt die scheinbar über meiner Tür angebrachte Feuerglocke los und als ich in Unterwäsche aus dem Hotel torkle, werde ich von den australisch reinstürmenden Feuerwehrmännern beinahe überrannt. Draussen auf der anderen Strassenseite etliche Hotelgäste, die mich bestaunen, bzw. meine Unterwäsche, die sicher in den 80er Jahren mal total Mode war und von Filmstars beworben wurde. Nach 20 Minuten die Entwarnung: Jemand brauchte einfach eine kleine Zigarette. Zur Beruhigung. Oh ja. Eine rauchen und abchillen. Einfach in aller Ruhe mal zurücklehnen und … RRRRRRINGGGGGG!
Übrigens, australisch reinstürmen bedeutet "locker und mit einem Spruch auf den Lippen reinschlendern". So sind sie halt.