Sonntag, 8. April 2007

Barfusswandern III

Nachdem wir uns bis um 2 Uhr morgens Wörter wie "Eintagsfliege", "Süsswasserpirat", oder "Steissgeburt" um die Ohren phantomimiert haben, rauscht ein kleiner Teil der Festenden um 9 aus den Federn, um den Tag mit beiden Händen zu packen. Oder besser: Mit beiden Füssen, klamm wie sie um 10 Uhr morgens auf der Bushaltestelle von Seon (AG) sind.

Im Bus durchs Hinterland des Aargaus brausend, tauchen wir immer weiter in eine in Zürich im Nebel der Vergessenheit verbliebenen Ära: den 80er Jahren, die uns von der ansässigen Bevölkerung vorgelebt wird (Dauerwellen usw.). Dafür schielen sie etwas mitleidig auf unsere nicht vorhandenen Schuhe - ich frage mich: Ist Barfusswandern etwa ein Luxussport, der moderne Luxus bedeutet seltene, dafür bewusste Armut? "Ich leiste es mir, zu Fuss zur Arbeit zu gehen", etwa. Vermutlich unvorstellbar in ärmeren Ländern...
Vor-Aua

Mitten im Wald die Konfrontation mit einer Strasse, geröllbeladen. Ich versuche, mich mit Gedanken von den die Hornhaut (Mohs: ca. 0,1) penetrierenden Steine (Mohs: ca. 6) abzulenken. Wer ist religiöser? All die Leute, die momentan die Kirchen füllen oder ein Mann, der über Steine geht? Ich tippe auf letzteres, bete ich doch wohl die Hälfte des Indischen Hauptpantheon (ca. 16) und diverse andere Götter und Gottheiten an, darunter den Gott des samtweichen Gesteins.
Der aber - mir scheint - meine kläglichen Versuche damit zu beantworten, die Steine nur noch spitzer zu formen, wie ein Zenmeister seinen Schüler nochmal fortschickt, noch mehr, noch härter nachzudenken... Nach einiger Zeit die Lösung: Wenn die Steine nicht weicher werden, müssen die Füsse besser gepolstert werden. Was, wie mir nach kurzer Zeit ebenfalls auffällt, genau das ist, was wir schon seit Jahrhunderten tun. Ich komme mir etwas debil vor. (Update: Oder die Füsse entspannen, damit sie sich an den Stein anpassen - doch nicht soo doof *puh*)

Apropos Religion - gestern bin ich gerade erst wieder mal durch den jüdischen Teil der Stadt gespaziert. Frauen, die sich Kinderwagenrennen liefern, Familien, reich an (der) Zahl... Irgendwann drängte sich mir die Frage auf: Wen schätze ich mehr? Einen Menschen, der Regeln befolgt, an die er nicht wirklich glaubt - oder einen Menschen, der etwas glaubt, das er nicht wirklich befolgt?
Hmmmm...

Update:
Die Idee, baren Fusses wandern zu gehen, kam mir übrigens nach dem erfreulichen Kinobesuch von "Barfuss", einer nachfolgenden Suche nach Johanna Wokalek (Ja, ich weiss... die Nase. so sue me *g*) und dem Fund dieser beeindruckenden Schulklasse.

Update II: Mein rechter Fuss am Ende. Ich meine, am Schluss ;)

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