Mittwoch, 12. September 2007

Kalt die Nacht, im Flug der Zug

Es muss mal gesagt sein: Ich reise extrem gerne im Zug. Obwohl sich diese Reiseart selten sehr entspannend, oder bequem gibt - und das auch wenn man mehr als 100 Arten kennt, sich um einen dieser für kleinwüchsige Supermodels geschaffenen Sitze zu wickeln und es dabei erst noch fertigbringt, weder Textil noch andere Dinge, die in der Medizin mit Spezialnamen gekrönt wurden, zu zerreissen. Dennoch: Die Möglichkeit, Andere zu treffen, denen ebenfalls viel daran liegt, ihre akrobatischen Künste auf Immobilien unter Beweis zu stellen ist genial!

Zum Beispiel letzten Oktober, als ich nach einem 3-wöchentlichen Sprachaufenthalt in Rom – aufmerksame Leser erinnern sich – im Nachtzug nach Hause gefahren bin. Mit mir reisen noch ein unfreundlicher junger Italiener (der zum Glück den Waggon früh verlässt), und zum Glück ein Amerikanisch-Schweizerisches Ehepaar, er halb Italiener, halb Schweizer, sie Vollblut-Amerikanerin, er Dachdecker, beide sehr interessiert und fröhlich. Dazu noch ein alter Deutsch-Polnischer (Abschweifung auf seine haarsträubende Geschichte lass ich mal) Künstler, der an Musikkonzerte geht und dort die Lieder auf Leinwand bannt. Er zeigt uns einige Polaroide von Abba und italienischer Volksmusik. Die Stunden vergehen wie im Flug. Zum Schluss drückt mir der Schweizer seine Visitenkarte in die Hand, und wir bemerken beide ehrlich, aber leider wissend, dass wir uns wohl nie wieder sehen würden...

Gestern Abend treffe ich mich mit meiner Lieblingskälte-Sparringpartnerin Judith. Uns verbindet eine längere Geschichte aus kältebezogenen Duellen. Angefangen bei einem 100 Grad Saunabesuch und nachfolgendem halbnackten Im-Schnee-liegen, mit einem nach 15-minütigem Frierparcours eingestandenen Waffenstillstand. (Spätere Episoden beinhalten Römerbäder usw.)
Diesmal zur Einstimmung in den diesjährigen Winter nur ein kurzes Eintauchen in den Zürichsee. Genial. Kaum irgendwo im Dunkeln umgezogen, sind wir schon im Wasser, den Kampf mit dem Nass an der Weichteilgrenze ausfechtend, bis schliesslich die Beine nachgeben und man blendend wach wieder aus dem Wasser schiesst, die wohlige Wärme der Nacht empfangend. Vielleicht ist es das darauffolgende Delirium, das mich glauben lässt, ich wär in Schweden und könnte mich nun in einen Berg Pelze legen und ca. 12 Stunden darin herumwälzen, von mir aus total laut schnarchend.

Doch eigentlich wollte ich ja von freudigem Wiedersehen schreiben: Kurz vor unserem Aufbruch zum See treffen wir das obig erwähnte Ehepaar wieder, gleich neben dem Hauptbahnhof. Mir fallen schier die Augen aus dem Kopf und ich werde das wohl so schnell nicht vergessen.

Vielleicht sollte ich von nun an allen Leuten sagen, dass ich sie nie wiedersehen werde, nur um das Schicksal so richtig herauszufordern...?

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