Zu den in Unmengen im Pantanal zu findenden Tierarten könnte ich entweder Riesenwälzer, die die Encyclopaedia Britannica neidisch zurücklassen, schreiben, oder, was zu mir als unglaublich exzellentem und professionellem Nichtbiologen eher passt, einige kleine Anmerkungen fallenlassen.
Vögel finden sich im Pantanal haufenweise. Lucas berichtet mir davon, dass schon öfters von etlichen Ernithologen besucht (heimgesucht? ;) ) wurde, die ihm (dem eigentlichen Führer) mit Teleskopen, die sonst potenzschwachen Männern zugeschrieben werden, vorausgepirscht sind, und hinter jedem Busch, auf jedem Ast, und in jedem Sumpf etliche Vögel ausgemacht (bestimmt, und mit lateinischen Namen versehen) hätten.
Was ich ornithologisch gesehen erblicke, als wir mit dem Jeep um die Ecke biegen, und sich uns erneut ein prächtiges Farbenspiel bietet, das sich im kleinen See spiegelt, und die ihn umstehenden Bäume scherenschnittartig erscheinen lassen: 16 Vögel. Nicht etwa den Crypturellus undulatus, Jabiru Mycteria, Anodorhynchus Hyacinthinus, oder gar den Coragyps atratus! Nur Vögel. Mehr kann ich nicht erkennen. Dies liegt allerdings aber auch an den gar unschuldig und brav aussehend herumstehenden Vögelchen, die aus einem Gary Larson Comic entsprungen sein könnten. Meist mit stiftartigen langen Schnäbeln ausgestattet stehen sie mit langen Beinen im Sand neben den Seen, ein blosses, ein, oder zweifarbiges Federfell umhüllt sie. Nicht gerade spektakulär, könnte man denken. Kaum aber überschreitet oder überfährt man unwissend eine unsichtbare Grenze, die sich um die Vögel zieht, EXPLODIEREN diese durchwegs durchschnittlich aussehenden Geschöpfe von einer Kakophonie an Kreischenden Vogelrufen begleitet in wahre Wolken aus Flügeln!
Ganz besonders haben mir es die überall zu sehenden Sandpipers angetan, die man übrigens auch im Palmenhaus in Zürich bewundern kann. Ebenfalls witzig sind die Undulated Tinamou ("Jaó"-"Verdeador?"), die vielleicht einem Kiwi gleichen (schwer zu sagen) und deren (aus dem Rachen hervorgestossenen) "u-u-uu" (Do-Do-Re) Rufe den üblichen Pantanallärm durchschneiden. Witzig sind sie aus dem Grund, dass man den Ruf imitieren und damit Männchen oder Weibchen, je nach Rufdetails, anlocken kann.
Was ich erst für das Gackern von mächtigen Riesenhühnern halte, entpuppt sich (halbwegs zu meiner Freude, halbwegs nicht <- siehe "Riesenhühner") als Aras, Macaws, oder Papageien. Hier zeigen sie sich in rotem, grünem, oder wunderschönem blauen Farbenkleid - und sind quasi omnipräsent. Sei es in Person, meist in Pärchen, im merkwürdigen Stil über die Wipfel fliegend, oder lauthals mit Brüllaffen (3000 Fussballfans kreischen schwächer) um das Wohnrecht in einem Baum streitend akustisch anwesend. Schon mal einen Papagei am Boden herumgehen sehen, auf der Suche nach Essbarem? Selten habe ich so etwas erheiterndes erblickt. Von weitem erscheinen sie einem wie winzige Männlein, die in farbene Mäntelchen gehüllt in wackelndem Gang durch die Gegend torkeln. Nun, nicht alle können wie die hiesigen Reiher durch die Lüfte brausen. Fast hätte ich meinen Lieblingsnesträuber vergessen: Den Tukan! Wunderschönes Tier, versucht oft, die ebenso beeindruckenden, gewebten und sackartig von Ästen herunterhängenden Nester eines "Nestwebervogels" (? - Biologen zu Hilfe), ihrer Eier zu berauben.
Zu Vögeln gäbe es noch so viel zu sagen, doch hier ist Schluss. Eine Googlesuche nach "Pantanal Birds" eröffnet euch Vieles mehr als ich auch nur andeutungsweise behandeln kann. Und dies erst noch korrekter ;)
Zwei weitere Erlebnisse möchte ich euch nicht vorenthalten:
Als wir eines Nachts müde auf der Rückbank des Jeeps sitzend nach Hause fahren, die kühle Nachtluft geniessend, leuchtet plötzlich Fernando mit dem Scheinwerfer auf die Grasfläche neben einem kleinen See, um den sich Capibaras scharen. Wo? Wie? Was? Aufregung herrscht. Bevor die Moskitos das Licht des Scheinwerfers ersticken, erhasche ich einen Blick von einer, nein, zwei grossen Katzen: Pumas!
Die Pumas scheinen sich kein Bisschen von unserem Scheinwerferlicht stören zu lassen, als sie langsam den Capibaras näher kriechen. Die Capibaras ebenfalls ignorieren das Licht vollständig, obwohl es den Moderator der Show - den einen Puma - hell beleuchtet! Nach einiger Zeit sprintet der Puma plötzlich nach vorn und wirft sich in einem Anfall von Grössenwahn (und wie ich vermute mit einem "Geronimooooo!") auf den Lippen auf das wohl grösste Capibara, das sich ins Wasser rettet. Der Nachteil des Pumas ist, dass er wie fast jede Katze das Wasser scheut, und es vorzieht, sich die Pfoten per Zunge zu säubern.
Wir sind alle verblüfft und grinsen über beide Ohren - sowas haben selbst die Führer noch nie erlebt: Eine Pumajagd vor unseren Augen! Was mich aber noch viel mehr beeindruckt, gleichzeitig erschreckt, sind die Schreie der Capibaras, die über das Wasser an unsere Ohren dringen. Die Laute hören sich an, als wären gleich mehrere Männer gleichzeitig in riesige Bärenfallen gestolpert, und würden nun verwundet um Hilfe schreien. Schauerlich. (Vielleicht ist das im Wald hinter den Tieren auch passiert? ;) )
Das zweite "Erlebnis", besser Ereignis, an dem wir beiwohnen, ist das monatliche Schlachten einer Kuh. Als wir auf dem Jeep ankommen, sind die Cowboys gerade dabei, die Kuh aus der Herde zu isolieren. Das anvisierte Tier gibt aus weiblich hormonell bedingten Gründen keine Milch mehr. (Das auch als Hinweis an Frauen, ihre Menopause etwas lockerer anzugehen - anderen geht es schlechter, wie ihr gleich lesen könnt) Als sie nach einiger Zeit die Kuh mittels Lassos an den Hörnern extrahieren, wehrt sie sich dagegen, indem sie sich auf den Boden setzt. Für einen Moment überkommt mich tiefstes Mitleid für das Tier, das sich so energisch, aber gleichzeitig ohne Chance gegen ihren Tod wehrt. Ich möchte sie befreien und mit ihr über die weiten Ebenen des Pantanals reiten.
Mit Hieben wird sie zum Laufen bewegt, was gelingt, und kurz danach Kopf voran an einem Baum befestigt. Dann schlitzt ihr einer der Cowboys die Halsschlagader mit dem Messer auf. Die Kuh verblutet innerhalb von zwei Minuten. Mit dem Traktor wird sie neben grosse Blätter gezogen und auf den Rücken gerollt, um sie fachgerecht zu zerschneiden. Ich werde es nicht im Detail beschreiben, sondern nur anmerken, dass es beeindruckend ist, was alles genau von der Kuh verwertet wird. Und: Im Magen der Kuh hätte ich ohne Weiteres Platz, wobei ich auf diese Erfahrung verzichten kann :) Bilder folgen!
Kurz nach der Schlachtung stürzen sich etliche der bereits lange wartenden Geier auf die spärlichen Überreste, während wir mit dem Fleisch davonfahren.
Obwohl sich die obige Beschreibung vielleicht etwas blutig und hart anhören mag: Auf der Fazenda haben sich schon zwei Vegetarierinnen zum Fleischverzehr selbst überzeugt, weil die Kühe hier wirklich ein "glückliches" (mindestens im Vergleich zu Stallkühen) Leben führen.
Zum Flug später mal ein Kurzeintrag...
Samstag, 30. Oktober 2004
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