Sonntag, 31. Oktober 2004

Nach Campo Grande

Schon vor dem Abflug in die sogenannte "Zivilisation" (Ha!) weiss ich, dass mir diese Woche noch länger in Erinnerung bleiben wird. Das gute lokale Essen, von zwei Köchinnen für uns zubereitet, die Zeit mit der Familie, den Kindern (Lele, die Schweizerdeutsch versteht, aber partout auf Portugiesisch antwortet :) ), aber auch der Hauskater, mit dem Herz eines Hundes.

Der Abflug gestaltet sich hektisch. Ronnie landet früher als geplant, drängt, wir schlingen noch ein letztes Mittagessen hinein und starten kurz danach, ohne uns richtig verabschieden zu können. Als wir von der Startbahn abheben, diverse Dosen, Capibaras, Zäune hinter uns herreissend, bemerke ich links von uns eine dunkle Wand, die näherzukommen scheint. Während bei uns das Wetter noch einigermassen schön ist, kriechen aus dem Süden aberdüsterste Regenwolken langsam auf uns zu, deren Regenerguss kein Licht durchlässt. Was sich dahinter befindet, steht (wörtlich) in den Wolken: Das Ende der Welt? Das Bermuda Dreieck? El Dorado? Wir wissen es nicht.

Der Flug beginnt gut, wir steigen langsam, ich beobachte das Wetterschauspiel. Nach einigen Minuten werfe ich einen kleinen Blick nach links...
Kennt ihr das Gefühl, auf dem Nebensitz eines Autos zu sitzen, während ein durchwegs nervöser Fahrer das Auto lenkt? Sich dann für einen drohenden Crash bereit zu machen, indem man sich in den Sitz presst, den Gurt noch etwas enger anzieht, die Hand subtil um den Deckengriff wickelt?
Ronnie dreht zitternd am Radiosender, fährt sich permanent durchs Haar, drückt überenergisch auf dem GPS Gerät herum, und starrt ab und zu länger auf die dräuende, alles verschlingende Wand der Dunkelheit, die immer dann näherzukommen scheint, wenn wir nicht hinschauen. Ich frage mal Ronnie, ob es ein Problem gibt, was mit einem Grinsen und einem nach oben gereckten Daumen beantwortet wird. Alles in Ordnung, alles klar, Mann! Ich zweifle kurz an meiner Menschen-Beobachtungsgabe, beende dann aber den Gedankengang, als ich unseren Piloten geröteten Kopfes in das Handy schreien sehe, wie denn das Wetter am Zielort sei.
Nonchalant linse ich auf den Throttle (voll aufgedreht), dann den Tachometer, der 130 Knoten anzeigt - so ziemlich das Maximum für diese Maschine. Auch der GPS meint, dass sich unsere Flugzeit quasi halbiert hätte, im Vergleich zum Hinflug.
Gerade, als ich mir überlege, ob ich schon mal mit der Konversion zur einer beliebigen Religion, in der man wenigstens als Frosch wiedergeboren wird, beginnen sollte, schraubt Ronnie sein Steuerrad auseinander (Alles verloren, also?) und montiert es auf meiner Seite wieder an (Definitiv alles verloren). ;)

Ich steuere auf ein Häufchen Regenwolken zu. Im Vergleich zu letztem Mal ist die Luft sehr unruhig - eine Erinnerung daran, dass ein Flugzeug präzise fast nicht steuerbar ist, sondern dass man vom dünnen, es umgebenden Medium sehr abhängig ist. Ich versuche den Kurs zu halten, komme mir aber vor wie in einem Geländewagen, der eine Buckelpiste runterfährt, die mit Schlaglöchern zusätzlich gesprenkelt ist.
Es ist anstrengend, aber wie auf der Achterbahn: Cooooooool! :)
Noch eine Regenwolke umkurvt, und Ronnie übernimmt wieder das Steuer, um zur durchwegs holprigen (in der Luft noch mehr, als auf dem Boden) Landung anzusetzen.

Campo Grande hat uns wieder!

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