Was mir auf dem Flugzeug als erstes auffällt, ist wie gemischt die Leute aussehen. Auch spannend ist zu sehen, welche Kombinationen neben denen, die man in der Schweiz antreffen kann, existieren. Sehr dunkle Haare mit dunkler Haut und blauen Augen ist offenbar überhaupt keine Seltenheit. Was ich in der Schweiz auch fast noch nie angetroffen habe, sind sehr, sehr hellbraune Augen. Trotz meiner überaus ausgeprägten Mann-von-Welt-ness und Weitgereistheit (die sich in dem abgeklärten Blick äussert, mit dem ich die übrige Bevölkerung betrachte *gg*), habe ich doch nur ganz selten eine solche Augenfarbe erblickt! (Später wurde mir dann von der hiesigen Bevölkerung eröffnet, dass auch noch ganz andere Zusammenstellungen möglich sind. Z.B: Blond, mit heller Haut und fast schwarzen Augen. Sieht ziemlich ausserirdisch aus. Da weder Mulder und Scully Ausweis schwenkend und per Hechtrolle vor die junge Frau gehechtet sind, muss ich annehmen, dass es sich hierbei um eine normale Erscheinung handelt)
Neben mir sitzt Sandra, eine multilinguale Norddeutsche, die einen Südafrikaner in Paraguay heiraten wird, weil es weder in Deutschland, England, noch Dänemark schnell genug ging! Eine weitere merkwürdige Kombination! (Würde es je aufhören? Ich als Hobby-Asiaten-Europäer-Promenadenmischung komme mir mittlerweile recht durchschnittlich, ja fast mickrig vor ;) )
Ebenfalls klärt sie mich über die Vorteile eines 13-Monate-Jahres auf: Frauen brauchen sich nur einen Tag zu merken, es ist "natürlicher"... - ich denke da noch etwas weiter: Einen Monat lang ist man den abergläubigen Teil der Menschheit los, der zitternd in irgendwelchen unterirdischen Bunkern dahinvegetiert. Vermutlich würde die italienische Wirtschaft für einen Monat brachlegen. ;) Kein Wunder hat der Papst dann schliesslich das 12-Monate-Jahr eingeführt, wie wir es kennen. Als Bonus dazu hätten wir noch einen neuen Monat! Und für den 13. Monatslohn müsste endlich auch gearbeitet werden! ;)
Um 5 Uhr (MEZ) wache ich kurz auf, um einen genialen Blick auf den Sternenhimmel zu erhaschen, fast genau in dem Moment, in dem ich den Äquator passiere. (Danach ein kleiner Blick auf die Turbine. Ich tätschle sie für ihre zuverlässige Arbeit virtuell :) )
Interessant auch, dass die Stewardessen in Varig Flügen einen korrigieren:
Ich: "GuarAna, por favor"
Sie: "GuaranA!"
...
Ich: "GuArana, por favor"
Sie: "Não, GuaranA!"
Ich: "GuaranA, por favor"
*GuaranaA krieg* Ahaaa - Betonung auf letzte Silbe! :)
4 Stunden Rio! Samba! Oi!
Oder doch eine riesige Aufenthaltshalle auf dem Flughafen, nie endend wollende Ansagen für Flug RG2745, Verspätungsaufrufe für Senhor Guaguaguagua? Leider schon. Den nächsten Film - das Sequel zu Lost in Translation - dreht Coppola vermutlich auf dem Flughafen von Rio. Oder "Hiiiiiu", wie ein Hiuenser - pardon, Rionese - das sagen würde.
Das Erste, was mir auffällt, ist der Unterschied zwischen den ... Pissoirs! zwischen Deutschland und Brasilien. In Frankfurt habe ich wohl das kleinste Pissoir der Welt erblickt. (Bitte keine Witze wie "Das war kein Pissoir, das war der Aschenbecher auf dem Tisch!" ;) ) Kreisrund, metallen, etwa 15 cm gross, ein Meisterwerk an deutscher Präzision, auf der einen wie auch anderen Seite (sprich: Deutsche Präzision meets Schweizer Glück). Ganz das Gegenteil in Brasilien: Unendliche Weiten an Porzellan. Der Gaucho reitet über die Pampa. Rollbüsche holpern gemächlich quer durchs Bild...
Die Wartezeit wurde auch vorzüglich durch Steffi überbrückt, einer enthusiastischen jungen Deutschen, die irgendwo in der Campo Grande ("Gampu Grandschi") in einem Kinderheim arbeiten wird. Coole Sache! :)
Während wir da im Café sassen, umspült von vielen verschiedenen Diskussionen und verschiedenen Sprachen, war mir, als würde ich von sowas wie einer Ursprache durchflossen. Hört sich sicher total bedeppt an, aber das Gefühl war, als könnte ich jede Sprache handlen, ohne Weiteres. Habla Espagnol! English, no problem! Uagadougou Bingobongo! ...
Das Gefühl verflog dann etwa genau in dem Moment, als die Serviertochter bei unserem Tisch ankam: "Hablahablão Schhingischingi?" Ich habs dann immerhin geschafft - dank vom Papi gekriegtem Hilfsblatt - einen Cafe com Leite ("Gaffé gum Leitsch") zu bestellen. O Linguisten, jubilieret! :)
Was mir ebenfalls aufgefallen ist: Keine Uhren! Gar nicht mal so einfach, wenn die innere Uhr sich gerade mal langsam Richtung Brasilien aufmacht. Natürlich rettet mich mein Handy und die Gewissheit, dass der Tag gerade eben 5 Stunden länger wurde. Ist aber witzig, zu bemerken, dass ich über einen - typisch schweizerischen - Uhrguck-Reflex verfüge. (Der dann natürlich in wildem visuellen Umherirren endete)
Weitere sprachliche Entdeckungen:
- Puxe (Ausgesprochen: "Push") heisst übersetzt: Pull. Perfekter running gag für die ersten drei Tage.
- Ein Comic mit einer Katze und einer Maus mit Namen "Hemp & Speed".
- Ausprobieren von Französisch und Italienisch an ebenfalls wartenden Versuchsobjekten. Nein, Touristen. Erster Test erfolgreich.
Dann endlich der Abflug nach Porto Alegre. Fast ohne mich: Vor den Gates hatte es drei verschiedene Schlangen, an die ich mich nach dem oft und ausdauernd getesteten "Dem Narren ist das Glück hold"-Prinzip angestanden bin. Gut, dass ich die Familie vor mir dann doch noch um eine Bestätigung des korrekten Anstehens gefragt habe. Kameraschwenk zu wild zappelder und in Richtung richtiges Gate zeigender Familie und einen Flo, der noch ins wegrollende Flugzeug hechtet, während hinter ihm das Rollgate in Flammen aufgeht und dramatische Musik in die Szene überleitet, in der die Stewardesse mich nonchalant ins Flugzeug zieht, um mit einem Lächeln untermalt: "Welcome to Varig, please enjoy your flight, Sir" zu äussern. Glücklich lächle ich zurück, die anderen Passagiere nicken mir verständnisvoll zu und gönnen mir gerne den Whisky, der mir kurz darauf in die müden Hände gedrückt wird... (Ok, nicht wirklich, aber fast)
Mittwoch, 21. Juli 2004
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