Klammheimlich, still und leise schleichen sich in der Nacht Väterchen Frost und Mütterchen Winter heran...
Nein, vielmehr schicken sie ihre zahlreichen Kinder los: Regen, Traufe, Pfütze, Frontalwind, Nässe, Schnupfen und Grippe und machen sich eine schöne Zeit am Südpol. :)
Es ist übel - nach fast zwei Wochen schönstem und wärmstem (und für die Jahreszeit untypischstem) Wetter wechselt über Nacht die Lage komplett. Und es regnet nicht nur, sondern giesst aus Kübeln. Wetteroptimist, der ich bin, kann ich den aus Südwesten kommenden (und damit vom Meer her) Naturgewalten nur wenig entgegensetzen. Zwei Pulliartige Dinger, plus ein paar dicke Socken wollen ökonomisch eingesetzt werden. Aber hey, mich trifft keine Schuld - es ist schliesslich Brasilien. Hätte ich nur einen Tanga mitgebracht, wäre es ok gewesen! ;)
Während in Zürich bei schönem Wetter alle und alles Kopf über Hals aus den Häusern stürzt, um mit quasi herausgestreckter Zunge jeden ausgesandten Sonnenstrahl aufzufangen, krabbelt hier eine ganz spezielle Spezies bei Regen unter ihren Steinen hervor: Die des Regenschirmverkäufers! "Guarda-Chuuuuva" hört man schon von weitem ihre Rufe durch das Rauschen des Regens. Vor der Universität erblicke ich gleich fünf Exemplare, die sich auch schon mit leuchtenden Augen auf mich werfen. Brauchen sie Nahrung? Zuwendung? Nein, Geld, wie üblich - und davon erstaunlicherweise wenig! Ich brauche keinen - d.h. ich will keinen, brauchen täte ich einen eigentlich schon - und düse an den am Eingang angebrachten Lautsprechern vorbei mit dem Gedanken, wie merkwürdig ihnen das Wort "Guarda-Chuva" mit der Zeit erscheinen muss. Schon mal 100x mal "Öpfel" (Apfel für unsere deutschen Mitesser, huch, Mitleser) gesagt? Hört es sich nach so vielen Malen genauso merkwürdig an wie etwa "Hörknärfulgps" nach einem Mal?
Die Lautsprecher am Eingang, übrigens, auf die ich vorhin hingewiesen habe, spielen den ganzen Tag Pop/Folklore/Klassik, und oft auch SAMBAAA! - Letzteres ist besonders erfrischend, wenn ich um 8 über die Schwelle des Universitätsgeländes stolpere, und ich nach Fruchtsalat ("Salada de Frutas") lechze. Ich könnte hier stundenlang über die exquisite Qualität und den nie endenden Geschmacksgenuss des Fruchtsalats schreiben. Aber ich begnüge mich damit, euch mitzuteilen, dass er immer morgens frisch aus Ananas (Abacaxi), Äpfeln (Maçã), Mango (oder so?), noch was hergestellt wird und schliesslich in frischgepresstem Orangensaft (Suco de Aranja) ertränkt wird. Göhö-öttlich! :)
Abgesehen von den vielen Gebäuden hier nähert sich auch etwas Lebendiges unweigerlich dem Zerfall ;) - Mathias hat Geburtstag! Immer noch ein junger Hüpfer wird er satte 25. Wir feiern dies im stadtbekannten Cheese-(X, "Schis")-Burger-Laden. Dort kann man aus etlichen Variationen des Cheeseburgers aussuchen - mit Variationen meine ich eigentlich Mutationen, denn was schliesslich vor uns auf den Tisch gestellt wird, sieht aus wie ein kleines Gallisches Dorf im Norden von Gallien, das doch noch von den spinnenden Römern überrennt wurde. Überall ragen spitze Pommes Frites hervor, Fleischstücke liegen verstreut umher, die Fauna völlig zertrampelt, und es fliesst Ketchup.
Aber das passiert halt, wenn man sich gleich beim ersten Besuch den 373er mit Spiegelei und Vierfachkäse vornimmt. (Meine "Gnade! Gnade!" Schreie wurden eiskalt ignoriert)
Morgen soll es nach Gramado losgehen - wird es ebenso kalt sein? (Antwort aus der Zukunft: Nein. Es wird viel kälter sein.)
Die Einträge für den Rest des Tages sind unlesbar. Vermutlich handeln sie von unsäglichen Magenschmerzen... ;)
P.S: Doch noch geschafft! Regenjacke im Outdoorshop gekauft, für lachhafte 80 Reais! :)
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3 Kommentare:
*lacht* deine Blogs beschließen jeden meiner Abende mit einem herzhaften Lachen - und damit, daß ich Milch mit Keksen ertränke und mich frage, ob es schon einen Eintrag OHNE die Erwähnung von Eßbarem gibt :) (kulinarische Entdeckungsreise unter dem Vorwand von Arbeit? Oder ein Himmelfahrtskommando - bei den Mengen von Burgern?)
Ich freu mich schon auf weitere Einträge!
Beste Wünsche, desenfrenada
Juhuuu! :)
Das freut mich sehr - ich bezweifle schwer, dass es einen Eintrag ohne Essbares geben wird. Der hiesige kulinarische Zustand lässt sich am Besten so umschreiben, dass ich mich wie Hänsel in der Hexen Gefängnis fühle. Ohne die Unannehmlichkeiten eines Gefängnisses (Kalte Duschen ausgeschlossen) und ohne dass der Trick mit dem Knochen funktioniert.
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