Heute führt uns Felipe durch das gesamte Gebäude 30, um uns die Räumlichkeiten zu zeigen. Es umfasst zirka sieben Stockwerke und besteht aus etlichen Räumen. Mit einiger Genugtuung stelle ich fest, dass auch die meisten anderen Labors mit genausowenig Platz (oder weniger!) auskommen müssen wie wir. Ich muss sogar fast sagen, dass mir unser Labor verdächtigerweise kurz nach dem Besuch ziemlich geräumiger vorkommt. Ich entdecke auch, dass ich meine Beine fast komplett ausstrecken, und sogar senkrecht stehen kann, was bei den anderen Labors nicht unbedingt der Fall ist.
Andererseits fällt mir auf, dass die Abteilung Mechanik viel grössere Werkstätten ihr eigen nennt. Verwunderlich - ist die grenzenlose Raumfahrt denn für die Menschheit nicht viel wichtiger als z.B: handelsübliche Verbrennungsmotoren? Sollte nicht jede Familie eine Abdominale Unterdruckkammer besitzen? ;)
Nah, quark! Es war - und ist - immer noch beeindruckend, mit was die Leute hier auskommen. Dinge, die einen kleinen Riss aufweisen, werden nicht etwa weggeworfen, sondern fein säuberlich aufbewahrt, damit das Ding repariert werden kann, und vielleicht sogar irgendwo wieder benutzt werden kann. Zum Beispiel haben die Optiker im Nachbarslabor selbst ein neues Teleskop aus einem alten 2.-Weltkrieg-Teleskop gebastelt. Auch werden nicht die neuesten Technologien benutzt, man muss halt mit dem auskommen, was man hat. Ich habe doch einiges über Wiederverwendung gelernt. Auch sind die so gebauten Prototypen meist extrem billig.
Abends ist ein Lern-Die-Anderen-IAESTEler-Kennen-Abend geplant, und ich frage mich, was die anderen so erlebt haben. Das Treffen soll in der Bar Acqua stattfinden. (Zum X-ten Mal konsultiere ich meine von Ameisen, Termiten, und Waschpulver zerfressene Karte) Bevor wir uns aber ins ausgelassene Nachtleben von Porto Alegre stürzen können, müssen wir uns (= Mathias und ich) die schamlosen Präsentationen der Wohnungen der anderen IAESTEler über uns ergehen lassen.
Zur Erinnerung: Mathias und ich wohnen in einer Wohnung ohne warmes Wasser, Fernseher, Radio, Telephonanschluss und Würde.
Marie (aus Irland) zum Beispiel wohnt in einem edlen Zimmer mit Computer, Internetanschluss und Heizung! Im letzten Moment konnte ich mich zurückhalten, mich auf die Heizung zu werfen und die Umklammerung niiiie wieder zu lösen...
Michelle aus Schottland wohnt in einer fast schockierend luxuriösen Wohnung. Merkwürdigerweise ist ihr Zimmer mit Postern im Stile der Tabou-Werbungen ausgekleidet. Eine latente Lesbe? Ist sie gar ein Mann? Die Lösung des Rätsels liegt darin, dass der eine Sohn sein Zimmer für sie hergeben musste und nun ein bedauernswertes Dasein im Zimmer der jüngeren, 15-jährigen pubertierenden Schwester frönt. Ich kann der Familie nur raten, alle spitzen Gegenstände aus seiner Umgebung zu entfernen... ;)
Anschliessend düsen wir zur Bar Acqua - eine sehr chic-e Bar (passt zu Rita, unserer Austauschbeauftragten), in der später Abends dann Livemusik gespielt wird. In der Sekunde, als uns zur Begrüssung Sushi vorgesetzt wird, quält mich kurz der Gedanke, ich könnte minimal underdressed sein. Dann aber bemerke ich, dass die Männer hier generell von Muttern gekleidet werden (Pullöverchen und Hemdchen), dafür die Frauen durchwegs gute Kumpels von Gucci usw. usw. sind. Sowieso. Zum Thema Frauen. Mehr Beobachtungen müssen durchgeführt werden, aber erste Hochrechnungen ergeben, dass sich die weibliche Bevölkerung hier mehr als sehen lassen kann.
Dazu später mehr. (Ha! Hasst ihr diesen Satz schon?) Oder vielleicht ein paar Fotos aus dem Jura-Gebäude von unserem Livereporter vor Ort: Santiago dem Spanier. Oder vielleicht besser nicht. Ja, besser nicht.
Doch nun endlich zum Titel! :)
Kaum erreicht Spanien (Santiago und Cristina) etwas verspätet die Bar (ca. um 23:30, das Treffen war auf 21 Uhr angesagt), müssen Mathias und ich auch schon gehen - der letzte Bus ruft! Dummerweise werden wir von Santi noch für ein paar kleine Diskussionen aufgehalten. Ich kann mich nicht mehr erinnern, um was es genau ging (normal bei Santi), aber ich tippe darauf, dass es eine Abhandlung über Frauen, Frauen, und vielleicht noch ein, zwei reingequetschte Sätzchen über Frauen war (auch normal). ;)
Im Wissen, dass der letzte Bus um 12 fährt, joggen wir zur angenommenen Position der Busstation. Die auch tatsächlich da ist. Nervöser werdend schauen wir den Bussen zu, die leider nicht an unser Ziel fahren. Oh, hoppla. Doch, der *wäääre* an unser Ziel gefahren. (Erfahren wir im Nachhinein, nach einem schnellen Blick auf den Plan) Einige Minuten vergehen. Um uns zwielichtige Gestalten. Im Hintergrund das Geräusch von Autos, wie sie durch Pfützen fahren. Sonst nichts. Messer blitzen auf. Nein, silberne Handys. Minuten vergehen. Die Augen gerötet horchen wir nach Übeltätern, die planen, sich auf uns zu stürzen. Doch da ist nichts, nur diese erdrückende Stille, die einem fast hoffen lässt, man würde überfallen. Und dieses Rauschen des Regens.
Gut, ich könnte stundenlang so weiterschreiben, die Spannung sukzessive aufbauend, aber ich werde schliesslich vom Bus, der uns simple und für billige 1.55 Real nach Hause fährt, unterbrochen.
Und wieder eine Niederlage für die Literatur! ;)
Dienstag, 27. Juli 2004
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